Ich kam, sah und fühlte - mein Leben mit Hochsensibilität
- Blickwechsel mit Kerstin

- 5. Dez. 2020
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Okt.
Chaos trifft Freudentanz

Lärm ist mir ein Gräuel. Mehrere Geräuschquellen, die sich wild untereinander mischen, sind wie viele einzelne Stiche in meinen Ohren. Stille - ich liebe Stille. Allein das Wort Stille zergeht mir auf der Zunge.
So manch ein Geruch bereitet mir Kopfschmerzen und Übelkeit. Besonders dann, wenn er sich mit dem darunterliegenden Gestank, den er eigentlich übertünchen sollte, vermischt.
Natürliche und harmonische Farben sind ein Fest für meine Seele! Nach Aufmerksamkeit schreiendes Neonlicht, Scheinwerfer, Leuchtreklamen und grell präsentierte Ware bohren sich wie zwei ausgespreizte Finger in meine Augäpfel.
Glibberige Spielzeuge oder Oberflächen wie Schmirgelpapier, erzeugen einen Ekel in mir.
Neumodische chemische Ersatztextilien ertrage ich nicht auf meiner Haut. Weich und natürlich muss es sein. Einengende oder kratzende Klamotten gehen gar nicht! Am liebsten würde ich den ganzen Tag in bequemen baumwollenen Jogginghosen umherlaufen...
Doch glücklicherweise lässt die Hochsensibilität mich auch tief in die kleinsten Wunder dieser Erde eintauchen – Momente, in denen ich unwahrscheinlich viel Kraft und Lebensfreude tanke: Da wird aus dem winzigen Käfer plötzlich ein schillerndes, faszinierendes Objekt, das ich minutenlang nicht aus den Augen lassen kann. Die Freude, es entdeckt zu haben und Teil dieses wundervollen Momentes zu sein, erfüllt mich mit so viel kindlicher Neugierde und purem Glück, dass es mich nahezu wie ein Powerboost zum nächsten Abenteuer vorantreibt.
Stecke ich meine Nase in das Fell eines meiner Vierbeiner, dann rieche ich ihn nicht nur. Ich kann seine Anwesenheit, seine Zuneigung und die Stärke seiner Präsenz in jeder einzelnen Zelle meines Körpers spüren – eine Kraftinsel im vollen Alltag.
Reizüberflutung - wenn mein Leben mit Hochsensibilität mich aus der Bahn wirft
Hochsensibel sein heißt für mich: viel wahrnehmen, viel fühlen, viel spüren und viel zwischen den Zeilen lesen. Das kann Segen und Fluch zugleich sein...
Wenn mein interner Akku platt ist und mein Speicherplatz überfüllt, bin ich müde und ausgelaugt. Dann ziehe ich mich besser auf meine gemütliche Couch zurück. Raus aus der einengenden Jeans, rein in die baumwollene Freizeithose. Bewaffnet mit Kuscheldecke aus seidigem Naturgarn und Wohlfühltee erhole ich mich schnell wieder. Alles andere wäre mir in den Momenten zu viel.
Mache ich an solchen Tagen den Fehler und gehe doch einkaufen, sitze doch zu lange vor dem PC, treffe doch zu viele Menschen, lerne doch noch für einen Kurs, gehe doch auf eine späte Versammlung ... dann bereue ich das schnell: Reizüberflutung, Alarm im Hirn! Der interne PC stürzt ab: Kopfschmerzen, Übelkeit, Gereiztheit, Erschöpfung und Konzentrationsverlust machen sich ungefragt breit.
In solchen Momenten neige ich dazu zu implodieren. Das heißt , ich ziehe mich in mich selbst zurück. Denn hier, in mir selbst, da kenne ich mich aus. Da sind nur ich und meine Gedanken. Und meine Gedanken, die kann ich lenken. Ich bitte sie, mich an einen Ort zu bringen, der mir das gibt, was ich jetzt gerade brauche.
So träume ich mich weg. Weg von hier, weg vom Stress, weg von den Dingen, von den Aussagen, den Konflikten, den Menschen und Bildern, den Worten und Gerüchen.
Weg von allem, was mir zu viel ist.
Wann ich wieder auftauche, weiß ich nicht.
Ob es gerade der passende Moment ist, um sich weg zu träumen? Das kann ich auch nicht sagen. Nicht immer kann ich es steuern...
Aber fest steht, dass es mir in unzähligen Momenten buchstäblich den A... rettet – eine Wohlfühlinsel mitten im Chaos!
meine besten Lehrmeister: die Tiere

Seit meiner Kindheit lebe ich sehr eng verbunden mit Tieren. Unzählige Stunden habe ich mit ihnen in ihrer Welt verbracht. Ich war nicht nur dabei, sondern wurde zu einem Teil ihrer Gemeinschaft. Auch heute ist es noch so.
Wenn man so eng mit Lebewesen zusammen ist, die selbst sehr feinfühlig, sensibel bis hochsensibel sind, dann kann man viel aus ihrem Miteinander mitnehmen:
Ihre bewertungsfreie, authentische Art war mir stets ein Vorbild! Klare Kommunikation, Abgrenzung, Grenzen setzen, Ruhe und Sicherheit geben. Auch wie wichtig es ist, einander zu beschützen, sowie die Kraft der Gruppe lebten sie mir vor.
All das durfte ich hautnah erleben. All das hat mich tief beeinflusst und geprägt.
Dank ihnen fällt es mir heute leichter, ehrlich zu mir und anderen zu sein. Nein sagen oder meiner Angst und meinem Stress zu begegnen konnte ich lernen. Auch Nähe zuzulassen, wenn ich dazu bereit bin, ist heute einfacher.
Ich fühle mich gestärkt in meiner eigenen Persönlichkeit, weil ich mich in ihnen sehe. Weil ich Gleichgesinnte habe – Weggefährten!
Leben mit Hochsensibilität - mein Fest für die Sinne!

Seitdem ich mich selbst besser kennengelernt habe und mit dieser Feinfühligkeit besser umgehen gelernt habe, weiß ich auch, ab wann mir etwas zu viel ist. Gleichzeitig habe ich aber auch herausfinden können, was mir gut tut, was mir liegt und was ich gut kann. Ich nehme mir mittlerweile gerne die Zeit, solche Dinge in meinen Alltag zu integrieren.
Auch werde ich durch die äußeren Umstände nicht mehr dazu gezwungen, mich in mir selbst zu verstecken oder mich räumlich zurückzuziehen. Wenn ich mir jetzt Zeit für mich nehme, dann weil ich es selbst bewusst so entschieden habe – weil ich es so möchte und es mir gefällt.
Der Wald, die Tiere und meine Kreativität sind nach wie vor meine Inseln, auf die ich mich gerne zurückziehe, wenn mir die Außenwelt mal wieder zu viel Input gegeben hat, oder wenn mir einfach danach ist.
Vorbeugen ist besser als Nachbeugen

Ich habe mit der Zeit gelernt, ständig für einen geladenen hauseigenen Akku zu sorgen. Auch Ventile einzusetzen, wenn mein interner Speicherplatz zu voll ist, hilft mir durch den Tag! Mein Leben mit Hochsensibilität habe ich mittlerweile so gestaltet, dass es zu mir, meinen Leidenschaften und meinen Herausforderungen passt – MEIN Leben eben!
So verbringe ich viel Zeit mit meinen Tieren und der Natur. Ich starte den Tag mit einem „Was brauche ich für mich heute?“ Programm. Ich gehe mit meinem Hund in den Wald – zum Spazieren oder Joggen. Ich male, schreibe oder lese. Manchmal nehme ich mir auch die Zeit für eine Meditation, je nachdem, was mir in dem Moment gerade gut tut. Gestärkt beginne ich somit den Tag und fühle mich gewappnet für meinen privaten und beruflichen Alltag.
Ja klar – der Mensch ist keine Maschine. Und der Mensch ist nicht perfekt. Und ich auch nicht. Demnach möchte ich auch ehrlich sein und dir sagen, dass das morgendliche Wohlfühlprogramm mittlerweile oft für mich klappt, aber natürlich nicht immer ... Auch ich habe Tage, an denen ich unter Zeitdruck stehe und mir dummerweise den Raum für mich nicht nehme. In der Annahme, so Zeit gewinnen und sparen zu können, geht allerdings der Schuss meist nach hinten los!
...last but not least...
Ein Leben mit Hochsensibilität ist nicht immer leicht. Hochsensible Menschen fühlen sich anfangs oft anders, irgendwie nicht passend. So neigen sie oft dazu, sich anzupassen, um eben wieder zu passen. Sie wollen nicht alleine sein, wollen Teil einer Gruppe werden. Das hat zur Folge, dass sie sich mehr und mehr von sich selbst entfernen und irgendwann nicht mehr wissen, wer sie sind und wofür ihre eigene Seele brennt.
Auch ich war auf diesem Irrweg. Aber dank der Fellnasen, die mich begleitet haben, dank der Gruppe, die mich immer wieder aufgenommen hat, fühlte ich mich nie wirklich allein.
Dank ihnen habe ich mich nicht verloren, sondern gefunden!
All das Gelernte und Erfahrene lasse ich heute nicht nur in meine Arbeit als Tierärztin in Hundepsychologie mit einfliessen. Auch als ganzheitliche Coachin und Kinesiologin begleite ich feinfühlige Menschen auf ihren Weg in die Authentizität und Leichtigkeit.
Ganzheitliches Coaching – dein Weg zu mehr Klarheit, Kraft und Selbstverbundenheit
Du möchtest deine Hochsensibilität besser verstehen, dich besser abgrenzen können, deine starken Emotionen beruhigen und deinen vollen Kopf wieder frei bekommen?
Du möchtest deine Ressourcen stärken und deinen eigenen Weg gehen? Dann begleite ich dich gerne in meinem ganzheitlichen Coaching.
Ich arbeite mit dir auf Augenhöhe, ohne Druck und Bewertung, dafür mit viel Empathie und Erfahrung. Gemeinsam finden wir heraus, was dich stärkt, was dir gut tut und wie du dein Leben so gestalten kannst, dass es dich nicht ständig überfordert.
Lass uns gemeinsam losgehen – für mehr Leichtigkeit, Selbstvertrauen und Lebensfreude.
möchtest du inspiriert bleiben?
Dann lade ich dich herzlich ein, meinen Newsletter zu abonnieren. Er ist unverbunden, frei von versteckten Käufen oder Erwartungen – und möchte dir einfach nur gut tun. Du bekommst regelmäßig Impulse, Gedanken, Geschichten und Inspirationen rund um Hochsensibilität, Selbstfürsorge und das Leben in seiner bunten Tiefe.
Du kannst dich jederzeit und ohne Angabe von Gründen wieder abmelden. Ganz einfach. Ganz frei.
Text: Kerstin Haag - Blickwechsel
Fotos: Julie Meyer