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AutorenbildBlickwechsel mit Kerstin

"von wegen, Wandern in Ostbelgien entspannt!"

Aktualisiert: 11. Nov.

vier Tage lang Natur pur

Es war wieder so weit. Julie und ich hatten unsere Koffer und Rucksäcke gepackt. Das jährliche Time-out in der Natur stand kurz bevor. Vier Tage wandern in Ostbelgien, ohne Plan, ohne Muss, ohne Zeit und Kilometer sammeln. Einfach nur staunen, fühlen und atmen. Wie immer kam diese Auszeit für uns beide wie gerufen. Wie immer im September hatte der Schulstart unserer Kinder unseren Alltag durcheinandergewirbelt und voll im Griff. Wie immer hatten wir uns in diesem Chaos ein wenig untergehen lassen. Wie immer sollte das jetzt endlich anders werden.


Tja, und wie anders es werden sollte…!


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Koffer packen für unsere Wanderung in und um Ostbelgien

Erst einmal Koffer auspacken, Rucksäcke an Ort und Stelle, Kühlschrank füllen und dem Hund die Decke hinlegen. „Ich mach mal das Feuer an, dann ist es gemütlicher!“ Zack, es duftet herrlich nach Rauch und Harz und schon schlüpfen wir in die Wollsocken und Jogginghosen. Ab unter die Decke aufs Sofa! Wenn das mal kein guter Start ist!



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nicht nur wir machen es uns auf dem Sofa gemütlich



Wandern in Ostbelgien, erste Etappe und erster Reinfall.

Oder doch nicht?


„So, jetzt geht es los! Ab in die Natur, und ab in meine Ruhe.“ Ausgeschlafen und beim Frühstück satt gegessen, stapften wir fröhlich vor uns hin, auf unserer ersten Wanderroute durch Ostbelgien. Natürlich eine unbekannte Route. Wir hatten wie immer den Finger einfach auf die ostbelgische Knotenpunkt-App gelegt und „überrasche uns“ eingegeben. Vorbei an Wiesen, Feldern und immer wieder Häusern, merkten wir bald, dass dieser Weg eigentlich nicht das beinhaltete, was unsere Herzen so sehnlichst brauchten: Wald. Irgendwie doof. Aber so ist das, wenn man sich überraschen lässt. Und wir waren überzeugt, dass die Überraschung uns immer genau das bescherte, was wir just in diesem Moment brauchten. So war es immer gewesen, dann mit Sicherheit auch dieses Mal.

Was also hatte das zu bedeuten, kilometerweit kein Wald?  Wieso waren wir hier gelandet? Ich wunderte mich. Aus der Verwunderung stieg so langsam ein wenig Enttäuschung und mit ihr auch der Frust. „Was ist los mit dir? Du bist irgendwie pieksig!“ bemerkte auch Julie schmunzelnderweise. Jepp. Pieksig. That’s it…

Pieksig war auch der einzige Waldstreifen weit und breit, der uns jetzt endlich den Weg säumte. Ein komisch quadratisch angeordneter Streifen von viel zu dichtem Nadelwald. Irgendwie wirkte er anziehend auf uns. Auch Julie war fasziniert. Endlich Wald, aber dann so einer? Eine Mauer von majestätischen Tannen schützte vor Fremdlingen. „Kein Einlass“ schienen sie alle im Chor zu bellen. Die Arme verschränkt, die Brust weit nach vorne gebeugt, und die Beine breit aufgestellt. Mystisch und gruselig. Und dann dieses quietschende Geräusch! Immer und immer wieder, von allen Seiten! „Quiiiiiietsch“ Wie in einem Horrorfilm. Es schauderte uns, aber die Anziehungskraft war zu groß! Wir mussten einfach da rein. Die Mauer durchdrungen, öffnete sich die graue und fade Welt des toten Waldes. Die Tannen waren nur außen majestätisch, der Schein trübte. Innen aber waren sie klein, schmächtig, kaputt, umgefallen. Sie waren viel zu dicht angepflanzt worden, hatten keinen Platz zum Entfalten und Atmen. Manche kämpften noch, andere hatten den Kampf bereits verloren und waren umgefallen. Und hier war ihnen noch nicht einmal genügend Platz gewährt, um nach dem Fallen den Boden zu erreichen: Das Totholz blieb auf der Hälfte zum Boden in benachbarten Tannen hängen und zog auch diese langsam aber sicher mit in den Tod. „Quiiiietsch“ mit diesem Klagelaut schien jeder dieser umgefallenen Bäume uns sein eigenes Lied vom Tod zu spielen.



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wenn tote Bäume sprechen ...


eine von Menschenhand angelegte Baumwüste


Langsam gingen wir voran in dieser trostlosen, von Menschenhand angelegten Möchtegern-Natur. Wieso waren wir hier gelandet? Verdammte Kacke, ich wollte doch entspannen!

Aber, es gibt keinen Zufall. Ich bin hier, weil ich hier sein soll! Ergeben blieb ich stehen und ließ es auf mich wirken. Erschrocken stellte ich fest, dass ich mich selbst hier wiederfand. Auch ich fühlte mich eingeengt, hatte keine Luft zum Atmen und Entfalten. Seit einiger Zeit schon hatte sich eine, ich nenne es mal neue Zwiebelschicht, bei mir gemeldet. Alte Wunden klafften wieder auf und schrien mich an. ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘ hatte ich zum Glück bereits seit Jahren hinter mir, aber weh taten sie noch immer.

Diese Bäume, sie waren so nah! Immer wieder schaute ich mich um. Drehte mich im Kreis und lauschte dem Quietschen. Ja, so fühle ich mich, genauso.






die Natur als Spiegel deiner Seele...


Aber … da ist noch was:

Ich fühle auch, dass ich hier raus will.

Dass ich hier raus kann.

Dass ich aber auch diejenige bin, die hier selber rausgehen muss.

Dass ich mich nicht mehr einengen lassen will.

Dass ich meine Freiheit haben will.

Dass meine neue Freiheit mir aber auch Angst macht, weil ich mich dann nicht mehr beschützt fühle, sondern offen, frei und verletzlich.


Dass ich genau deswegen lieber hier stehen bleibe und mich einengen lasse, weil ich das kenne und weil ich das kann.


Fuck. Das ist es!


Die Erkenntnis machte sich in mir breit: Ich habe keine Angst vor meinen alten Wunden, sie sind mir seit Jahren ein treuer Begleiter und ich habe den Umgang mit ihnen bereits sehr gut gelernt. Viel mehr Angst aber habe ich, mich definitiv von ihnen zu befreien und groß zu werden. Denn das ist neu und das kenne ich nicht… 


So, da also war es. Deswegen war ich so pieksig und unentspannt! Ich habe Angst und will ihr nicht ins Gesicht sehen!


die Natur hilft auf ihre Art. Immer.


Tja, Wandern entspannt nicht nur. Wandern bringt dich mit dir selbst in Kontakt. Und dann, wenn du so mit dir selbst den Weg entlang gehst, dann lernst du dich eben so richtig kennen, und es kommt eben genau das hoch, was gerade in dir brodelt. Und genau deswegen ist es so unwahrscheinlich wichtig, mit jemandem zusammen zu gehen, dem man vertraut, und bei dem man einfach so sein kann, wie man sich gerade fühlt. Julie ist so ein Mensch. Sie schmunzelte weiter und ließ mir den Raum, meinem Frust freien Lauf zu geben. Ich für meinen Teil gab mir Mühe, meinen Ärger in der Natur, und nicht bei ihr zu lassen.


Und so gelang es mir Schritt für Schritt, diese Erkenntnis nicht wieder wegzudrücken, sondern sie anzunehmen. Ich werde wohl noch eine Zeit lang gemeinsam mit meiner Angst meine Wege gehen, bis ich dann wirklich bereit sein werde, sie gehen zu lassen. Und das ist okay …


und die wirklich schöne Natur in und um Ostbelgien?


Die zeigte sich glücklicherweise dennoch von ihrer besten Seite, oder auch vielleicht gerade deswegen. Somit machte sie alles wieder gut und wir waren wieder versöhnt, oder BFF’s, wie die Kids das heute sagen.





Vorbei an einer Burgruine in Manderscheid schlängelten wir uns wie in längst vergangenen Zeiten vorbei an steilen Felshängen und tobenden Flüssen. Ja ja, ist ja schon gut, das ist jetzt ein bisschen dick aufgetragen. Ganz so heftig war es nicht, aber dafür umso schöner. Die alte Burgruine in Manderscheid, einem kleinen Dorf in der deutschen Vulkaneifel, liegt auf einem Felsen, wie alle Burgen. Schwer zu erklimmen konnten damals die Feinde nur schwer über sie herfallen. Was im Mittelalter vonnöten war, ist heute eine Herausforderung für jeden Besucher. „wie zwei Burgfrolleins on tour“ stapften wir keuchend, aber ehrgeizig, den steilen Berg hinauf. Klatschnass geschwitzt kamen wir oben an. Nach dieser Anstrengung war der gefühlte Erfolg ein wahrer Genuss!


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ich kann nicht mehr!

Ouren, ein abgelegenes Dorf in Ostbelgien, im schönen Ourtal


Heute hatte unser 'überrasche uns' Wunsch auf der Knotenpunkt App für Wanderrouten in Ostbelgien uns nach Ouren geführt. Am Dorf vorbei schlängelte sich der Pfad immer wieder am, so finde ich, dem schönsten Fluss in der belgischen Eifel vorbei, der Our. Abwechslungsreich lud der Weg uns immer wieder ein, in seine Details einzutauchen. Pausen machen zum Staunen war somit ein Muss für die Seele!





Last but not least: das Hohe Venn. Ein MUSS für Wanderer in Ostbelgien!


Unseren Abschluss wollten wir dieses Mal mit nostalgischem Heimatgefühl kombinieren. Schon viel zu lange hatten wir das Hohe Venn nicht mehr auf unseren Wanderungen besucht. Und das Venn verzaubert besonders jetzt im Herbst jeden durch seine einzigartigen Farbtöne! Die unendliche Weite, der man hier begegnet ist eine komplette Abwechslung zum eher typisch ostbelgischen Landschaftsbild: den Hügeln. Hier im Hohen Venn kann die Seele sich ausweiten. Kaum ein Baum versperrt die Sicht und doch sieht es hier nicht karg aus. Hier und da zieht Nebel über die Farnfelder und bringt ein ganz besonderes Geschenk mit sich: die anmutige Stille. Ehrfürchtig wandern unsere Augen in die Ferne, während unsere Füße einer nach dem anderen sich über die typischen Holzstege den Weg suchen. Die Ohren lauschen den gedämpften Geräuschen.


Und wir mittendrin.

Irgendwo im Nirgendwo.

Einfach hier.

Einfach so.

Für jetzt.

Für immer!




und die Moral von der Geschicht'?


Unterschätz die Wirkung der Natur nicht!


Ich gehe nun schon seit vielen Jahren immer wieder raus in den Wald. Wandern ist mein Lebenselixier. Schon als Kind habe ich mir das Rad geschnappt und bin raus aufs Land gefahren. Mit Picknick im Rucksack wollte ich mich einen Tag lang wie Ronja Räubertochter fühlen. Es hat mich IMMER entspannt, und mir meine Ruhe, Kraft und Lebensfreude gegeben. Noch NIE hat ein Wald mich so aufgewühlt, wie an jenem Wochenende. Aber, das habe ich jetzt gelernt: die Natur spiegelt dir immer DEINE Natur ...


Und so sage ich wieder einmal in voller Demut „Danke Mutter Erde!“




Infos zu den Routen:

Tour 1 an Tag eins war nicht ernennenswert...

Tour 3 rund um Ouren (Ostbelgien, belgische Eifel)

Beides mit der App ‚NodeMapp‘ für das Wander-Knotenpunktsystem in Ostbelgien (ehemals Go Ostbelgien App)


Tour 2: Burgruinen in Manderscheid Vulkaneifel, Deutschland) Es gibt dort ausgeschilderte Routen in unterschiedlichen Distanzen. Außerdem gibt es dort auch einen Klettersteig zur Burg hoch. Auch sehr zu empfehlen für Geübte.


Tour 4: Hohes Venn, Route startet beim ‚Naturzentrum Botrange‘ in Botrange.





zu den Hauptakteuren:

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Ogara meine treue Seele

'Ogara' mein treuer vierbeiniger Begleiter.

Natürlich nur für die Fotos nicht an der Leine!


Leider dieses mal der einzige Vierbeiner auf unserer Tour. Denn ...



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Flex, du bist immer bei uns!

... Flex, unsere treue Seele hatte kurz vorher viel zu plötzlich ihre letzt Reise ohne uns angetreten. Auch das hat wohl mit dazu beigetragen, dass diese Wanderung eine etwas andere als sonst werden sollte. Julie und ich sind mit Trauer im Herzen gestartet...




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Julie und Kerstin on tour!

Links Julie: alle Fotos stammen von ihr. Als ausgebildete Fotografin hat sie ein unglaubliches Talent, nicht nur die Momente, sondern auch die Emotionen in ihren Bildern festzuhalten!


rechts ich, Kerstin: und ich liebe es, die Momente und Emotionen anschliessend in Worte zu fassen!




 



wer bin ich?

in meiner Freizeit liebe ich es die Natur meiner Heimat Ostbelgien mit Rucksack und Hund zu erkunden. Hier tanke ich Energie und Kraft für meinen Alltag, bekomme meine Kopf frei und kann entspannen. Einmal im Jahr gönne ich mir eine intensive Auszeit zusammen mit Julie.

Auch Schreiben ist eine Leidenschaft von mir, der ich immer wieder gerne Raum und Zeit gebe. Einmal den Stift in meiner Hand, finden die Worte beinahe wie von selbst auf das Blatt Papier...

I love it!


in meiner Arbeit als Coach und Kinesiologin nutze ich die Natur und meine eigenen Tiere ebenfalls. Ich begleite Menschen, die sich für ihren Alltag weniger Stress und mehr Kraft und innere Ruhe wünschen. Raus aus Enge, Anpassung, Selbstentfremdung und Entkräftung, und mit Hilfe der Natur wieder rein ins Leben, rein ins wahre Ich.


Die Sitzungen finden in Hergenrath (B) direkt neben Aachen (D) statt.


  • in meinem Bauwagen, der inmitten unseres naturbelassenen Gartens steht, direkt neben dem Hühner und Ziegengehege.

  • oder im Wald nebenan.

  • Mein Hund Ogara ist immer gerne mit dabei und unterstützt dich in deinem Prozess mit seiner Ruhe und Lebensfreude





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